Neuer BGH-Beschluss: Kinderlärm kann zu Mietminderung führen

 

In Bezug auf Kinderlärm, verlangte die Rechtsprechung bisher eine erhöhte Toleranz. So stellt etwa das nächtliche Baby- und Kleinkindgeschrei eine unvermeidbare Folge normaler kindlicher Entwicklung dar, so dass dieses sozialadäquate Verhalten zu akzeptieren ist. Gleiches galt für Kinderlärm, der aufgrund des natürlichen Spiel- und Bewegungstriebes des Kindes entsteht. Folglich war bisher eine Mietminderung wegen Kinderlärms faktisch nahezu ausgeschlossen.


Im konkreten Fall hatte eine Frau aus Berlin, die wegen ständigen Kinderlärms die Miete um 50 Prozent gemindert. Die Mieterin schrieb Protokolle, in denen sie ganz genau schilderte, wie sie den Lärm aus der Nachbarwohnung erlebte. Über ihr soll gestampft, gesprungen, gepoltert und geschrien worden sein. Die Lärmlästigung soll von erheblicher Natur gewesen sein.


Das Landgericht Berlin entschied, dass zwar Kinderlärm nicht grenzenlos ertragen werden muss, die Toleranzgrenze aber in diesem Fall noch nicht erreicht wäre. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Der darauf erfolgten Nichtzulassungsbeschwerde gab der BGH nun statt und hat mit seinem Beschluss widersprochen. Der Beschwerde der Frau wurde stattgegeben. Denn auch wenn Kinderlärm "sozialadäquat" ist, gilt nach wie vor "das Gebot zumutbarer gegenseitiger Rücksichtnahme", so heißt es in dem Beschluss.


Wie ist bei einer Mietminderung vorzugehen?

Es gilt, die Mängel ordentlich zu dokumentieren – zum Beispiel durch Fotos, das Sammeln von Schriftverkehr zwischen Ihnen und dem Vermieter, Zeugenaussagen, usw. Dies ist wichtig, falls es später zu Streitigkeiten um die Mietminderung kommen sollte.

Grundvoraussetzung einer Mietminderung ist, dass der Mangel dem Vermieter vom Mieter zunächst unverzüglich angezeigt wird. Der Vermieter kann den Mangel erst beseitigen, wenn er davon überhaupt Kenntnis erlangt hat. Daher hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete erst nach der Anzeige. Wer ohne Anzeige einfach die Miete kürzt, riskiert die Kündigung. Denn ohne Mängelanzeige kann der Vermieter wegen aufgelaufener Mietrückstände kündigen - und zwar sogar, wenn an sich ein schwerer Mangel vorliegt (BGH, Urteil v. 03.11.2010, Az.: VIII ZR 330/09). Dafür muss er unverzüglich in schriftlicher Form über den Mangel informiert werden, am besten per Einschreiben mit Rückschein, damit im Streitfall belegt werden kann, dass eine Schadensmeldung erfolgt ist.


Wie bestimmt man die Höhe bei einer Mietminderung wegen Lärmbelästigung?

Die Höhe der Mietminderung hängt vom Ausmaß der Beeinträchtigung ab. Berechnungsgrundlage ist die Miete einschließlich der Nebenkosten. Mietminderungstabellen können eine Orientierung geben. Allerdings ist es besser einen Anwalt für die Bestimmung der konkreten Mietminderungshöhe zu befassen.


Nimmt der Mieter eine unangemessen hohe Mietminderung vor und erreicht diese dann einen Betrag, der einer zweifachen Monatsmiete entsprechen würde, steht dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung wegen Mietrückstands zu.

Tipp: Um das Risiko einer Kündigung zu vermeiden, kann der Mieter bei einer Mietminderung auch anders vorgehen. Er begleicht zwar die Miete weiterhin vollständig, zeigt dem Vermieter aber an, dass er den vollen Mietzins nur unter Vorbehalt zahlt. Für die Beseitigung des Mangels muss dem Vermieter eine Frist von ca. zwei Wochen gesetzt werden, die in Notfällen auch deutlich kürzer ausfallen kann. 


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Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat entschieden: Kinderlärm muss nicht dauerhaft hingenommen werden und kann ein Grund für eine Mietminderung sein (BGH, Az.: VIII ZR 226/16).